«Ein Zeichen gegen Rassismus»

Stadtpräsidentin Wil Marianne MettlerDie Wiler SP-Fraktion reicht eine Resolution ein. Darin fordert sie den SVP-Parlamentarier Mario Schmitt auf, rassistische Äusserungen zu unterlassen. Seine Aussagen seien nicht rassendiskriminierend, kontert Schmitt.

PHILIPP HAAG, Tagblatt vom 9.9.2014

WIL. «Nun ist die Grenze endgültig überschritten.» Dies sagten sich Mitglieder der Wiler SP-Fraktion, als sie am 3. September einen Eintrag des SVP-Stadtparlamentariers Mario Schmitt auf Facebook lasen. Schmitt postete damals einen Artikel des «Blick», bei dem es um die Enthauptung eines US-Journalisten durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak ging, und versah den Eintrag auf seinem Account mit dem Satz: «Mir kommt gleich das Kotzen … wann wird diese Religion endlich ausgerottet?!?» Für die SP-Fraktion ist die Aussage rassistisch, religionsfeindlich und menschenverachtend.

Nicht länger schweigen

Die acht Stadtparlamentarierinnen und Stadtparlamentarier «können und wollen nicht mehr länger schweigen», wie Marianne Mettler, SP-Fraktionspräsidentin ad interim, sagt, und reichten geschlossen eine Resolution unter dem Titel «Religionsfeindlicher Facebook-Eintrag» ein. Darin fordern sie das Parlament auf, sich von Schmitts Aussagen zu distanzieren und diese zu verurteilen. Vom SVP-Fraktionspräsidenten verlangt die SP-Fraktion, «in Zukunft derart diffamierende Aussagen zu unterlassen». Es sei nicht das erste Mal, dass Schmitt solch rassistische Einträge auf Facebook veröffentliche.

 

Für Marianne Mettler, welche die Greueltaten der IS an unschuldigen Menschen aufs schärfste verurteilt, setzt Schmitt alle Menschen moslemischen Glaubens mit den fanatischen Extremisten gleich. «Damit gefährdet er in nicht tolerierbarer Weise den Religionsfrieden in der Stadt Wil», heisst es im Resolutionsschreiben. Die Wilerinnen und Wiler moslemischen Glaubens würden diffamiert. Gemäss Geschäftsbericht 2013 leben 3136 Mitbürgerinnen und Mitbürger mit islamischer Glaubenszugehörigkeit in Wil. Sie zu vertreten, gehöre eigentlich zum Auftrag eines Parlamentariers. «Ausserdem hat ein Parlamentarier eine Vorbildfunktion», sagt Marianne Mettler, die sich mit derartigen Äusserungen nicht vereinbaren lasse.

Für die SP-Fraktion ist Facebook keine Privatangelegenheit. Facebook-Freunde seien oft Bekannte. Für die SP-Fraktion hat der «religionsfeindliche Eintrag» deshalb öffentlichen Charakter. Auf eine Strafanzeige verzichtet die SP-Fraktion, obwohl der Eintrag ihrer Meinung nach den Rassendiskriminierungs-Artikel im Strafgesetzbuch verletzt (siehe Kasten). «Wir streben keinen Prozess an», sagt Marianne Mettler, «aber wir möchten ein Zeichen gegen Rassismus setzen.» Sie ist überzeugt, «dass die Resolution ihre Wirkung erzielt», auch wenn es sich «nur» um eine Erklärung handelt, die rechtlich nicht bindend ist. Zur Sprache kommt die Resolution morgen abend an der Sitzung des Parlamentspräsidiums. Sowohl Marianne Mettler als auch Schmitt nehmen teil.

Kritisiert, nicht diffamiert

Er gebe ja zu, dass die Wortwahl etwas gar scharf ausgefallen sei, sagt Schmitt. Er stehe aber nach wie vor zu seiner Aussage. Es sei ihm nie darum gegangen, eine Religion zu diffamieren, wie ihm vorgeworfen werde, sondern eine Religion zu kritisieren, «was ja wohl noch erlaubt ist». In der Schweiz müsse es möglich sein, Kritik an einer Religion zu üben, sagt Schmitt. «Das hat nichts mit Rassismus zu tun.» Religion sei keine Rasse. Er setze auf keinen Fall Personen islamischen Glaubens mit Extremisten und Terroristen gleich. Ihm sei bewusst, dass mehr als 90 Prozent der Muslimas und Moslems gemässigt seien. Es sei ihm auch darum gegangen, in einem zweiten Schritt eine Diskussion auszulösen, was ja dann auf Facebook geschehen sei. Schmitt findet es «befremdlich», dass sich die in der Schweiz ansässigen Moslems nicht deutlich von den Schandtaten des IS distanzieren. Er deutet dieses Stillschweigen zu einem gewissen Grad «als Akzeptanz».

Der Resolution sieht Schmitt gelassen entgegen. Er findet es «amüsant», mit was sich die Wiler SP-Fraktion beschäftige. «Hätte es Fleisch am Knochen», sagt Schmitt, «hätten sie eine Strafanzeige eingereicht.» Für den SVP-Fraktionsvorsitzenden ist die Resolution ein Versuch der SP-Fraktion, Aufmerksamkeit zu erlangen. «Sie spielt sich als Moralapostel auf». Er gebe aber nicht klein bei. Schmitt ist gespannt, «was morgen abend geschieht». Einer Diskussion an der Parlamentssitzung vom 25. September werde er sich nicht verschliessen.

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