InfoWILplus.ch sprach mit dem am Donnerstag 8. Januar zur Wahl stehenden neuen Parlamentspräsidenten Daro Sulzer über seine bevorstehende Aufgabe und seine Meinung zum Stellenwert des Wiler Parlamentes.
Dario Sulzer: Höchster Wiler zu werden, ist das ein Verdienst für langen und unermüdlichen Einsatz auf der politischen Bühne?
D. Sulzer: Hm, ich bin noch keine Dreissig, wenn man da von langem, unermüdlichem Einsatz überhaupt sprechen kann. Für mich ist es vor allem eine Ehre dieses Amt ausführen zu dürfen. Ich bin seit acht Jahren Mitglied des Stadtparlaments und bekam vorher wenig von der Wiler Politik mit. Jetzt lässt sie mich nicht mehr los. Das Präsidium zu übernehmen ist für mich sicher der Höhepunkt in meiner parlamentarischen Tätigkeit.
Welchen Stellenwert geben Sie dem Amt, das sie wohl mit dem heutigen Tag antreten werden?
D. Sulzer: Man darf das Amt bezüglich seines politischen Gewichts nicht überbewerten, sollte dem Amt aber die nötige Wertschätzung entgegenbringen. Als Parlamentspräsident hat man die Aufgabe die Präsidiums- und Parlamentssitzungen zu führen und das Parlament gegen Aussen zu vertreten. Für mich sind das würdevolle Aufgaben.
Sehen Sie auch Vorteile für die Partei, wenn Sie den Vorsitz inne haben?
D. Sulzer: Nein. Vielleicht gewinnt man ein wenig an Bekanntheit, aber daran wird die Partei ja nicht gemessen. Da ich als Präsident absorbiert bin und keine Voten abgeben werde, ist es eher so, dass sich die Interventionen während den Parlamentssitzungen auf noch weniger Personen aufteilen und somit meine vier Kolleginnen und Kollegen zusätzlich gefordert werden. Da sehe ich aber keine Probleme, wir sind ein gutes Team.
Sie haben in diesem Amt keine weitergehenden Kompetenzen, ein möglicher Stichentscheid kann einmal vorkommen. Wo sehen Sie Einflussmöglichkeiten?
D. Sulzer: Ich kann Einfluss auf den Sitzungsverlauf nehmen mit der Art, wie ich die Sitzungen leite. Ich mag effiziente Sitzungen und darf trotzdem die Diskussionen und den Meinungsfindungsprozess nicht unterbinden. Da muss ich eine gute Balance finden. Im Präsidialjahr ist weniger meine persönliche Meinung gefragt, daher kann ich als neutrale Person auch mal vermittelnd wirken und einen Konsens vorschlagen. Ausserdem ist mir wichtig, dass auch bei politisch umstrittenen Fragen, der Anstand und der Respekt zwischen den Mitgliedern des Parlaments und auch beim Stadtrat gewahrt bleibt.
Sie werden als Höchster Wiler wiederkehrend bei Empfängen oder Anlässen geladen sein. Legen Sie Wert darauf, nebst Begrüssungsworten auch eigene Meinungen abgeben zu können?
D. Sulzer: Als Präsident vertrete ich das Parlament gegen Aussen und vertrete grundsätzlich auch deren Meinung. Wenn ich meine persönliche Meinung abgebe, muss ich das auch entsprechend deklarieren.
Wie gross ist die durchschnittliche Zahl der Einsätze pro Jahr ausserhalb der Parlamentssitzungen?
D. Sulzer: Vor der Parlamentssitzung finden jeweils eine Sitzung des Präsidiums und eine Fraktionssitzung statt. Dann gibt es natürlich noch die Arbeit in den ständigen und nicht ständigen Kommissionen, wo die parlamentarischen Geschäfte vorberaten werden. Ich rechne mit etwa 30 Sitzungen pro Jahr. Dazu kommen jetzt die Anlässe, zu denen ich eingeladen werde. Wie viele das sein werden, kann ich nicht sagen. Auf jeden Fall freue ich mich darauf. Ich werde in diesem Jahr jedoch auch mein Studium in Luzern abschliessen und daher kann es sein, dass ich auch mal eine Einladung ausschlagen muss.
Wiederkehrend wird das Parlament als politisches Gremium kritisch hinterfragt. Wie stehen Sie zu dieser Einrichtung und hat es auch Wirkung beim Standortmarketing?
D. Sulzer: Das Wiler Stadtparlament feiert dieses Jahr sein 25-jähriges Bestehen. Das Parlament ist eine Errungenschaft, die es unbedingt zu erhalten und zu stärken gilt. Es gab Bestrebungen die Sitzzahl von 40 auf 30 Sitze zu reduzieren. Ich spreche mich klar für ein grosses Parlament aus, weil so auch kleine Parteien Chancen auf einen Sitz haben. Nicht zu vergessen, dass wir ein Milizparlament sind; Die Arbeitsbelastung der einzelnen Mitglieder würde sich bei einer Sitzreduktion nochmals erhöhen. Und es ist ja heute schon nicht ganz einfach, genügend Kandidierende für das Parlament zu finden. Obwohl dafür bestimmt auch noch andere Gründe mitverantwortlich sind.
Ein Parlament hat gegenüber einer Gemeindeversammlung, die normalerweise von einigen wenigen Personen dominiert wird, eine viel stärkere und ausgewogenere Position gegenüber der Exekutive. Personelle Kontinuität und Kommissionsarbeit bringen Sachkenntnis, welche das Gremium stärken. Ich wünsche mir, dass das Parlament noch eigenständiger und selbstsicherer agiert, die Stadt mitgestaltet und vom Stadtrat als ernstzunehmender Partner angesehen wird. Das braucht Initiative und Mut. Den vermisse ich manchmal etwas in unserer Stadt.
Werden Sie auch einmal eingreifen, wenn lange Redezeiten, Abschweifen vom Thema oder unflätige Bemerkungen den Ablauf stören?
D. Sulzer: Gemäss Geschäftsreglement muss sich der Votant kurz fassen und zur Sache sprechen. Das sind dehnbare Begriffe. Natürlich werde ich meinen Kolleginnen und Kollegen genügend Raum geben, kann sein, dass ich aber auch mal jemanden ermahnen muss, wieder zum Thema zu kommen. Das kam auch in der Vergangenheit immer wieder vor. Auf jeden Fall reagieren werde ich bei persönlichen Angriffen. Es gab in den letzten Jahren vermehrt Redner, die einen gewissen Anstand gegenüber dem politischen Gegner vermissen liessen. Das stört mich und da werde ich eingreifen.
Eine Herausforderung wird die Anwesenheit des neuen Stadtschreibers sein, welcher seine Parlamentserfahrung in Wil zuerst noch erarbeiten muss. Fühlen Sie sich sicher genug, Fehlentscheide zu verhindern?
D. Sulzer: Ich bin nun seit acht Jahren Mitglied des Parlaments und war bereits als Fraktionschef Mitglied des Präsidiums. Ich denke, ich bin gut vorbereitet. Der Abgang von Armin Blöchlinger ist unbestritten ein grosser Verlust an Know-how. Das Studieren des Reglements ist das eine, man muss die Verfahren kennen und sie sich einverleiben. Christoph Sigrist, der neue Stadtschreiber, kennt die parlamentarischen Abläufe aus einer seiner früheren Tätigkeiten, wir werden also gut zusammenarbeiten. Das Parlament wird nachsichtig sein, wenn wir mal etwas länger haben, um ein Verfahrensdetail zu regeln.
Sie werden als SP-Gemeinderat das Parlament f
ühren. Sind da im Vorgehen gewisse Nuancen möglich, beispielsweise gegenüber einem SVP-Gemeinderat?
D. Sulzer: Ich denke, es sind vor allem die Persönlichkeit und der Charakter, die den gewissen Stil ausmachen. Meiner Meinung nach, sollte man dem Präsidenten nicht anmerken, welcher Partei er angehört.
Abschliessend: Macht Ihnen das Amt des Höchsten Wilers auch wirklich Spass, oder sehen Sie eher eine Pflicht gegenüber der Partei?
D. Sulzer: Spass ist vielleicht das falsche Wort. Ich freue mich sehr auf das Amt, sehe aber auch die zusätzliche Verantwortung und Mehrbelastung, die auf mich zukommen. Nur aus Pflichtgefühl der Partei gegenüber, würde ich das Amt nicht übernehmen. Ich bin stolz, dass ich als Mitglied der SP-Fraktion dem Parlament vorstehen darf. Das Vertrauen der Fraktion ehrt mich und daher liegt mir auch viel daran, den Job richtig gut zu machen.