Wie sicher fühlen Sie sich gerade? Vermutlich sind Sie Zuhause oder im Zug auf dem Weg zur Arbeit, während Sie diese Zeitung lesen. Würden Sie mir zustimmen, dass Sie sich jetzt noch sicherer fühlen würden, wenn sie wüssten, dass der Nachrichtendienst Zugriff auf jedes Mobiltelefon und jeden Laptop hier im Zug hätte?
Mit der Abstimmung zum neuen Gesetz für den Nachrichtendienst des Bundes werden die Kompetenzen dieser Behörde massiv ausgeweitet, im Namen der Sicherheit wäre neu vieles erlaubt, was vorher undenkbar war. Der Geheimdienst darf dann jede Information von jeder Behörde über jeden anfordern*. Dazu zählen auch alle Banken und Versicherungen**.
Diese Informationen dürfen, ohne Einschränkung, auch mit anderen Geheimdiensten*** und auch automatisiert geteilt werden. Zudem darf der Bundesrat eigenständig geheime völkerrechtliche Verträge mit anderen Geheimdiensten abschliessen****.
Ich würde mich wohl kaum sicherer fühlen. Aus den Anschlägen von Charlie Hebdo, St.Étienne und Orlando wissen wir, dass es offenbar nichts bringt, dass die Täter geheimdienstlich erfasst und unter Beobachtung waren. Desillusionierte, Depressive, von allen im Stich Gelassene wie in Ansbach und Würzburg dürften dagegen kaum in einer Liste auftauchen.
Sofern sie beruflich an revolutionären Produkten arbeiten, in sensiblen Bereichen mit höchster Diskretion arbeiten oder eine Meinung haben, die einem anderen Geheimdienst vielleicht nicht so gefällt, sollten sie zukünftig vorsichtig sein. Sie könnten nun persönlich zum Ziel eines Staates werden. Vertrauen sie allen Personen, die möglicherweise Ihre persönlichen Daten verwalten müssen? Vertrauen Sie darauf, dass der Schweizer Nachrichtendienst seine IT auch garantiert gut abgesichert hat?
Neue Gesetzesartikel:
* Art. 19 und 20
** Art. 50/66/86/97/95/97
*** Art. 12
**** Art. 69
Erschienen am 01.09.2016 im Polittalk der Wiler Nachrichten